[Frage] Man hat mir gesagt, dass Baptistengemeinden eine Menge verlorener Menschen haben, die meinen, sie seien errettet. Zumindest nehmen sie an Sonntagmorgen-Gottesdiensten teil. Ich habe es viele Male sagen gehört, und es ist ziemlich bekümmernd. Ich habe mich gefragt, wie ihr darüber denkt.
[Paul Washer] Nun, zunächst einmal, es ist wahr. Wir haben das Problem, und es begrenzt sich nicht nur auf Baptisten. Es ist nicht daran gebunden; es grassiert vielmehr in der heutigen, evangelikalen Bewegung. Erstens ist der Grund dafür, dass das Evangelium, das gepredigt wird, überhaupt kein Evangelium ist. Es ist ein reduziertes Evangelium von Christus, dem Gottmensch, der ans Holz ging und unter dem Zorn Seines Vaters starb, und wieder von den Toten auferstand, und sich zur Rechten Seines Vaters setzte, und der alle Menschen dazu aufruft und gebietet, Buße zu tun und zu glauben; und dass der Beweis des rettenden Glaubens die kontinuierliche Frucht in ihrem Leben ist. Wir aber haben all das reduziert auf: „5 Dinge, die Gott dich wissen lassen möchte.“ Oder: „4 geistliche Gesetze.“ Und wenn ihr jeden einzelnen Punkt durchgeht und: „Ja!“ sagt, und anschließend ein kleines Gebet auf der Rückseite aufsagt… wenn irgendein Evangelist,- der weniger Zeit im Predigen verbringen sollte und dafür mehr Zeit im Studieren seiner Bibel,- euch abschließend für gerettet erklärt. Ich bin hier bezüglich sehr starrsinnig. Das ist einfach der Knackpunkt. So ist unser Evangelium.
Zweitens: Meiner Ansicht nach war die katholische Kirche niemals eine Gemeinde. Wenn ich mir aber die katholische Kirche anschaue, wenn ich den Anglikanismus betrachte, und was in England vor sich ging… Wenn ich darauf schaue, was einst in New England vor sich ging, und vergleiche, was heute im Gange ist, so erscheint es mir, dass der Teufel immer daran arbeitet, dass es am Ende zur großen Annahme kommt: sie sind errettet. Es scheint, dass am Ende die geringste Zeit dafür gegeben ist, zu erkennen, was das Evangelium ist, und ob eine Person wahrlich gerettet ist. Wenn sie einfach nach vorne kommen und ein Gebet aufsagen, so erklären wir sie für gerettet und fangen an, sie zu lehren. Wir sollten eventuell mit den Personen über Monate zusammenarbeiten, sodass sie eine biblische Heilsgewissheit bekommen. Demnach sind unsere Gemeinden gefüllt mit verlorenen Menschen, und das im großem Umfang, eben durch die Oberflächlichkeit der Pastoren. Die meisten von ihnen wenden sich nur dem Ziel zu, die Gemeinde zu vergrößern, und haben ihre Gemeinde in einer Art „Jesus Attraktion“ verwandelt. Daher verkündigen sie das Evangelium genauso wie der „Mann im Mond“.
[Mack Tomlinson] Nun, es ist nicht nur ein gegenwärtiges Problem. Ich habe diese Woche gelesen, wo A.W. Pink… Ich meine, er war viele Male ziemlich entmutigt, und es hatte den Anschein, er wäre etwas zu schroff. Aber in seiner Zeit, in den 1930er und 40er Jahren, da machte er die Aussage, dass er sich die Frage stellt, ob 2 Prozent der Protestanten in Amerika überhaupt wiedergeboren sind?
[Paul Washer] Ja, selbst einer der größten, der wohl heute meist bekannte Evangelist in Amerika hat gesagt, dass wenn gerade mal 5 Prozent all der Menschen, die sich bekehrt haben in seinen Versammlungen, Christen seien, er dann schon glücklich wäre. Und eine weitere Sache, die dermaßen wichtig ist, ist der Gedanke einer barmherzigen, liebevollen Gemeindezucht. Ich finde es äußerst eigenartig, dass die Leute nicht die Gemeindezucht praktizieren, weil sie ihre Zuhörerschaft mehr „lieben“, als Jesus es tut. Jesus befahl ihnen, die Gemeindezucht zu praktizieren. Nicht an sündhaften Menschen,- wir sind alle sündig,- sondern an Rebellen, die keine Frucht zeigen, und die nicht umkehren wollen. Und eine Sache, die ziemlich schlecht ist… dass wir einfach aus dem Liberalismus gekommen sind. Es gab eine Bewegung unter vielen Konfessionen, besonders in der Southern Baptist Convention, wo man sieht, dass der Liberalismus fort ist. Es hat uns nicht einmal ein Jahrzehnt gekostet, um gleich wieder in den Neoliberalismus zu verfallen, der meiner Meinung nach der neue Liberalismus ist, also im Grunde genommen die Bewegung des Gemeindewachstums. Dort wird alles daran gesetzt, Marketingstrategien zu entwerfen, nach dem Motto: „Sagt uns, welche Art der Gemeinde ihr wollt, und die werden wir euch geben.“ Anstatt aber Gott zu fragen, welche Art der Braut Er begehrt.
[Bill McLeod] Ich habe eine Tochter namens Johanna, und sie gab vor, gerettet zu sein. Sie wurde getauft; wurde Gemeindemitglied. Sie erschien eine sehr aufrichtige Christin zu sein. Als sie zur Schule ging, da hatte sie immer eine Bibel oberhalb ihrer Schulbücher. Der Direktor der Schule sagte uns: „Ganz gewiss schätzen wir es, ihre Tochter an unserer Schule zu haben.“ Ich fragte: „Wieso denn?“ Und er antwortete: „Wenn da irgendwelche Schwindeleien am laufen sind, und ihre Tochter findet es heraus, dann deckt sie dies unverzüglich auf.“ Er sagte: „Wir sind so froh, dass sie hier ist.“ Eines Abends aber, während der Erweckung, kam sie zu mir und sagte: „Vati, ich möchte gerettet werden.“ Ich fragte: „Was? Meinst du, du bist wieder abgewichen?“ Sie sagte: „Vati, ich habe nie den Herrn gekannt. Ich kannte die Sprache; diese Sprache habe ich von dir und Mama bekommen, ich habe aber nie den Herrn gekannt.“ Also führte ich sie zu Christus.
Und vor der Erweckung hatte ich einen Hilfspastor. Ein großartiger Musikdirigent, und klasse darin, Kinder zu unterrichten. Er war aber bei uns für ca. 6 oder 8 Monate, und die Bruderschaft und ich hatten das Gefühl, dass er keine Frucht bringt. Wir hatten mit ihm gesprochen, und schließlich mussten wir ihn darum bitten, zu gehen; und er ging fort. Während der Erweckung rief er mich eines Abends aus weiter Entfernung an, und er sprach: „Vergangene Nacht habe ich gebetet, und Gott zeigte mir, dass ich niemals wiedergeboren war. Kann ich nach Saskatoon runterkommen, und du verbringst Zeit mit mir?“ Ich sagte: „Aber gewiss doch.“ Somit kamen wir zusammen und versammelten einige Pastoren. Und er kniete; wir alle knieten, und wir berieten mit ihm, und er betete. Und ich werde nie vergessen, wie er plötzlich ausrief: „Gott ist real, Gott ist real!“ Welch eine Verwandlung! Daher gibt es wahrscheinlich eine Menge Leute wie jene, die zwar die Sprache kennen, die sie von anderen gehört haben, die aber den Herrn nicht wirklich kennen.
[Bob Jennings] Dies musste ebenfalls eine große Last für den Herrn Jesus gewesen sein. Denn eines Tages kam mir der Gedanke, dass fast alle,- wenn nicht sogar alle Gleichnisse, die der Herr gesprochen hatte,- nur mit dem Thema: „Wahres oder falsches Bekenntnis“ zu tun hatten. Ich meine, die beiden Baumeister, das Gleichnis vom Sämann, Weizen und Unkraut, die Schafe und die Böcke. Und fast alle diese Gleichnisse haben mit genau diesem Thema zu tun.
[Moderator] Noch etwas dazu, meine Brüder?
[Paul Washer] Dass größte Missionsfeld heutzutage ist die Gemeinde, oder was als „Gemeinde“ bezeichnet wird.